Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Stier

Rechnungen: Vorsteuerabzug bei Ausweis überhöhter Umsatzsteuer

Hintergrund: Unternehmer erhalten die ihnen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als sog. Vorsteuer vom Finanzamt zurück. Wird aber eine höhere Umsatzsteuer als gesetzlich geschuldet in Rechnung gestellt, stellt sich die Frage, ob und ggf. in welcher Höhe dem Unternehmer ein Vorsteuerabzug zusteht.

Streitfall: In dem vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedenen Fall stellte ein Lebensmittelhändler der Klägerin die Lieferung von Lebensmitteln in Rechnung. Anstatt des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 7 Prozent wies er aber zu Unrecht den vollen Umsatzsteuersatz von damals 15 Prozent (jetzt: 19 Prozent) aus.

Entscheidung: Nach Ansicht des BFH konnte die Klägerin die Vorsteuer zwar „dem Grunde nach“ geltend machen; „der Höhe nach“ war ihr Vorsteuerabzug aber auf die Umsatzsteuer beschränkt, die der Lieferant nach dem Gesetz schuldete, also auf 7 Prozent. Dieser Umsatzsteuersatz war auf den in der Rechnung ausgewiesenen Nettobetrag anzuwenden; die Klägerin durfte die 7Prozentige Umsatzsteuer nicht aus dem Bruttobetrag herausrechnen.

Beispiel: Ein Lieferant berechnet die Lebensmittel gegenüber dem Unternehmer U mit 1.000 € zzgl. 190 € (= 19 Prozent) Umsatzsteuer (anstatt mit einer Umsatzsteuer von 70 € = 7 Prozent).

U kann nunmehr aufgrund der Bemessungsgrundlage von 1.000 € eine Vorsteuer in Höhe von 70 € (= 7 Prozent) geltend machen. Er darf hingegen nicht aus dem Bruttobetrag von 1.190 € eine Vorsteuer von 7 Prozent herausrechnen. Ebenso wenig darf U die ausgewiesene Umsatzsteuer von 190 € als Vorsteuer geltend machen.

Unzulässig ist der Vorsteuerabzug bei überhöht ausgewiesener Umsatzsteuer jedoch, wenn Umsatzsteuer für eine

  • Geschäftsveräußerung im Ganzen in Rechnung gestellt wird, die nach dem Gesetz überhaupt nicht umsatzsteuerbar ist.
  • umsatzsteuerfreie Leistung in Rechnung gestellt wird.

Hinweise: Die Entscheidung gilt also nur für überhöht ausgewiesene Umsatzsteuer bei umsatzsteuerbaren und umsatzsteuerpflichtigen Leistungen. Die Bundesrichter haben die Frage offen gelassen, ob der Unternehmer dann die überhöht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer in voller Höhe als Vorsteuer abziehen kann, wenn er auf die Richtigkeit der Rechnung vertrauen durfte. Diese Frage könnte nur in einem Verfahren entschieden werden, in dem der Unternehmer eine geringere Umsatzsteuerfestsetzung im Billigkeitswege anstrebt, nicht aber in einem Verfahren gegen den Umsatzsteuerbescheid.

(Veröffentlichung: 4/10)
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Volkmar Stier
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