Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Stier

Unterhalt: Gleichbehandlung von Ansprüchen aus erster und zweiter Ehe

Ein geschiedener Ehemann kann verlangen, dass der Unterhalt an seine Ex-Ehefrau herabgesetzt wird, wenn er wieder geheiratet hat und nunmehr auch seiner neuen Ehefrau gegenüber unterhaltspflichtig ist. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) aktuell entschieden. In welchem Umfang er gegenüber der neuen Ehefrau unterhaltspflichtig ist, bestimme sich dann allerdings nicht nach der frei wählbaren Rollenverteilung innerhalb der neuen Ehe, sondern nach den strengeren Maßstäben, wie sie auch für geschiedene Ehegatten gelten.

Folgen: Nach früherer Praxis wurde das Einkommen des Unterhaltspflichtigen zum Stichtag der Ehescheidung zunächst zwischen ihm und dem geschiedenen Ehegatten aufgeteilt (sog. Stichtagsprinzip). Nur das verbleibende Einkommen stand ihm für sich und seine neue Familie zur Verfügung. Nach der geänderten Rechtsprechung ist das Einkommen nunmehr gleichmäßig aufzuteilen.

Beispiel: Das Einkommen des Unterhaltspflichtigen beträgt 4.000 €. Es existiert sowohl ein geschiedener und ein neuer Ehepartner, die beide vollständig unterhaltsbedürftig sind.

Berechnung bis 2007 (Stichtagsprinzip) :

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Unterhalt des geschiedenen Ehegatten: 4.000 € : 2 = 2.000 €.

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Unterhalt des neuen Ehegatten: 2.000 € : 2 = 1.000 €.

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Dem Unterhaltspflichtigen verbleiben 1.000 €.

Berechnung nach neuer Rechtsprechung des BGH:

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Unterhalt des geschiedenen wie auch des neuen Ehegatten: 4.000 € : 3 = je 1.333 €.

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Dem Unterhaltspflichtigen verbleiben 1.333 €.

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Im Rahmen der Unterhaltsberechnung hat der BGH im Streitfall nicht berücksichtigt, dass die neue Ehefrau – anders als die geschiedene Beklagte – nicht erwerbstätig ist. Für die geschiedene Ehefrau seien die gleichen Maßstäbe anzuwenden wie für die neue Ehefrau. Auch eine anderweitige Regelung der Ehegatten im Hinblick auf die Dauer der Kinderbetreuung (sog. elternbezogene Gründe nach § 1570 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) könne dabei grundsätzlich nicht ausschlaggebend sein.

Hinweis: Mit dieser Entscheidung bestätigt der BGH seine bisherige Rechtsprechung, derzufolge nach der Scheidung entstandene Unterhaltspflichten gegenüber Kindern und auch gegenüber dem neuen Ehepartner schon bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen sind. Aus dem Gedanken der Teilhabe des Unterhaltsberechtigten am Lebensstandard des unterhaltspflichtigen Ehegatten folge zugleich dessen Begrenzung auf den Standard, der dem Unterhaltspflichtigen selbst jeweils aktuell zur Verfügung steht. Dessen Lebensstandard sinke durch hinzugetretene Unterhaltspflichten ebenso wie bei anderen unverschuldeten Einkommensrückgängen.

(Veröffentlichung: 2/10)
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Volkmar Stier
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