Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Stier

Einzahlung der Stammeinlage muss nicht immer mit Beleg nachgewiesen werden

Hintergrund: Gründet ein Steuerpflichtiger eine GmbH und leistet er seinen Geschäftsanteil, zählt der Zahlungsbetrag zu seinen Anschaffungskosten auf die Beteiligung. Er kann die Anschaffungskosten bei einer Veräußerung seines GmbH-Anteils oder bei einer Insolvenz der GmbH steuerlich geltend machen, sofern er an der GmbH wesentlich (d. h. mit mindestens einem Prozent) beteiligt war.

Streitfall: Eine Steuerpflichtige gründete 1986 eine GmbH, an der sie mit 1/3 beteiligt war. Ihre Stammeinlage von 16.500 DM war laut Gesellschaftsvertrag zur Hälfte sofort in bar fällig. In der Bilanz zum 31. 12. 1986 waren die ausstehenden Einlagen mit 0 DM ausgewiesen. Diese Bilanz war auch vom Finanzamt geprüft worden. 2006 ging die GmbH in die Insolvenz und wurde im Handelsregister gelöscht. Die Steuerpflichtige machte ihre Stammeinlage von 16.500 DM (= 8.436,32 €) als Anschaffungskosten steuerlich geltend und erklärte einen Verlust. Das Finanzamt erkannte den Verlust (Halbeinkünfteverfahren) aber nicht an, weil die Steuerpflichtige für die Erbringung ihrer Stammeinlage keinen Einzahlungsbeleg vorgelegt hat.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt, da er keine Zweifel hatte, dass die Steuerpflichtige die Stammeinlage vollständig eingezahlt hatte. Kann der Einzahlungsbeleg nicht mehr vorgelegt werden, sind die vorhandenen Indizien zu würdigen und zu prüfen, ob sich hieraus die Zahlung ergibt. Im Steuerrecht gilt der Untersuchungsgrundsatz, so dass sowohl Finanzamt als auch das Finanzgericht von sich aus die einzelnen Indizien berücksichtigen müssen.

  • So war die Steuerpflichtige laut Gesellschaftsvertrag zur Zahlung der Stammeinlage in Höhe der Hälfte sofort verpflichtet und sollte die weitere Hälfte nach Anforderung durch die Geschäftsführer erbringen. Bereits in der Bilanz zum 31. 12. 1986 waren die ausstehenden Einlagen mit 0 DM ausgewiesen.
  • Die Bilanz zum 31. 12. 1986 war vom Finanzamt geprüft worden. Hätte der Außenprüfer festgestellt, dass noch Einlagen ausstanden, hätte er den entsprechenden Einzahlungsanspruch zugunsten der GmbH feststellen müssen.
  • Die GmbH ist auch nach ihrer Gründung im Jahr 1986 im Handelsregister eingetragen worden. Dies setzt aber voraus, dass zumindest 50 % der Einlagen geleistet worden ist. Die Eintragung spricht damit für die Richtigkeit der Bilanz zum 31. 12. 1986.

Hinweise: Das Urteil zeigt, dass der Steuerpflichtige Sachverhalte, die lange Zeit zurückliegen, nicht zwingend durch den sog. unmittelbaren Beweis (= Beleg) führen muss. Er kann auch Indizien benennen, aus denen sich die Richtigkeit seiner Behauptung ergibt. Dies kommt z. B. auch bei der Höhe von Anschaffungskosten für Gebäude in Betracht, die vor vielen Jahren durch den Steuerpflichtigen oder seinen Rechtsvorgänger (Erblasser) erworben wurden und bei denen die Abschreibung jetzt erstmalig geltend gemacht wird. Belege über Anschaffungskosten (Verträge, Überweisungsträger) sollten dennoch vorsorglich immer aufgehoben werden, auch wenn insoweit keine Aufbewahrungspflicht besteht.

(Veröffentlichung: 8/11)
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Volkmar Stier
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